„Wir sagen klar Nein zu Staatshilfen für Schlecker! Die ablehnende Haltung der FDP-Wirtschaftsministerien in Bayern und Sachsen ist ordnungspolitisch richtig und vernünftig. Schlecker ist nicht unverschuldet in die Insolvenz gerutscht, die Probleme sind durch Missmanagement hausgemacht – das kann und darf nicht durch Steuergelder übertüncht werden.“
Das Lustige ist ja, dass keine Steuergelder gefordert waren. Es ging um eine Bürgschaft der Bundesländer. Die Länder wären also nur Bürger über einen gewissen Anteil an den vermutlich benötigten 72 Millionen Euro gewesen, diese Schulden für die Transfergesellschaft wären bei einer Insolvenz vorrangig bedient worden, sprich: Dieses Geld hätte man ganz sicher wieder bekommen!
Es hätte also keinen müden Cent gekostet, Mitarbeitern bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen. Aber laut FDP gibt es doch so viele tolle freie Arbeitsplätze?
„Die Arbeitsmarktsituation ist günstig, denn es gibt derzeit fast doppelt so viele freie Stellen im Einzelhandel, als Schleckermitarbeiter, denen eine Kündigung droht. Die Branche ist im Aufwind, allein im letzten Jahr wurden 60.000 neue Stellen geschaffen.“
Natürlich, auf die angeblich freien Stellen im Einzelhandel haben die Schlecker-Mitarbeiter gewartet (oder umgekehrt)! Nur, wo sind denn die freien Stellen? In Großstädten und Ballungsräumen. Und wo wurden die meisten Schlecker-Filialen geschlossen? In ländlichen Gegenden, in strukturell schwachen Gebieten. Meist sind die entlassenen Beschäftigten Frauen, wobei die älteren vermutlich ihre Anstellung bei Schlecker behalten (Kündigungen und Abfindungen sind da zu teuer), müssen vermehrt Mütter ins Gras beißen. Mütter, die ihre Freizeit für die Familie, für die Kinder brauchen. Da sollen die jetzt also ein, zwei oder mehr Stunden zu einem Arbeitsplatz in die Ballungszentren reisen? Am Besten noch im unsicheren Schichtsystem arbeiten? Oder Teilzeit? Und was verdienen die dann in den neuen, tollen Jobs? Ein Großteil der freien Stellen sind eben keine tarifgebundenden Arbeitsplätze. Dabei haben sich die Schlecker-Mitarbeiter den Tariflohn erst 2010 erkämpfen können, denn nur er sichert ein halbwegs vernünftiges Einkommen, von dem die Familien auch leben können. Nun sollen die Schlecker-Mitarbeiter also zügig von den Arbeitsagenturen vermittelt werden.
Aber wo sind denn nun die Jobs für die HoyWoy-Schlecker-Frauen?
Also schwuppdiwupp mal die Jobsuche der Arbeitsagentur angeworfen. In die Suchmaske geben wir ein, dass wir Fachverkäufer für Drogeriewaren oder Kosmetik und Körperpflege sind. Die Arbeit soll in Hoyerswerda plus 10km – das könnte durchaus durchaus zumutbar sein – sein. So sieht die Suchmaske aus:
Und nun zu den Ergebnissen:
Da wird also einmal eine Stelle als Bäckereifachverkäuferin angeboten, die dann bitte nur in 30-Stunden-Teilzeit arbeiten soll. Das geht nicht, weil das Geld für die Familie nicht reichen wird. Der zweite Job ist eine Stelle als Mediaberater. Abgesehen davon, dass man als Drogerieverkäufer wohl kaum ein geborener Anzeigenverkäufer ist, sind das natürlich Stellen auf Provisionsbasis, da sind Überstunden und unendliches Klinkenputzen Pflicht, um ein halbwegs auskömmliches, aber eben nicht planbares, Einkommen zu haben. Und der dritte Job ist echt nur ein Job, als Teilzeitverkäuferin in einem Klamottenladen, kommt nur für Jüngere in Frage. Danach folgen dann noch 70 Stelenangebote unter anderem als Kosmetiker, Friseur und unzählige Zeitarbeitsangebote für deutschlandweite Tätigkeiten.
„Mit verantwortungsbewusster Wirtschaftspolitik hat das nichts zu tun. Es ist nicht Aufgabe des Staates, für unternehmerische Fehler zu bezahlen. Das haben die Mitarbeiter, bei denen es schließlich um die Existenz geht, nicht verdient.“
Aber es ist Aufgabe des Staates, den gefährlichen Finanzmarkt unreguliert die Staaten erpressen zu lassen? Es ist Aufgabe des Staates, der Hotelbranche einen reduzierten Mehrwertsteuersatz – der ja eigentlich Verbrauchen bei der Beschaffung von Waren des täglichen Bedarfs entlasten soll – zu verschaffen? Es ist Aufgabe des Staaten, Ärzten tolle Verdienstmöglichkeiten zu schaffen?
Bei den Landtagswahlen 2009 erreichte die FDP im Wahlkreis Hoyerswerda sagenhafte 7,1% der Stimmen, 1492 Wähler entschieden sich für deren Direktkandidaten, 1452 Wähler für die Partei mit ihrer Zweitstimme. Dieses Ergebnis hat dazu geführt, dass die FDP Sachsenweit 5,6% aller Zweitstimmen auf sich vereinen und in der Sächsischen Staatsregierung als Juniorpartner der CDU wüten darf. Vielleicht sollten sich die Wähler das nächste Mal wirklich die Wahlprogramme der Parteien zu Gemüte führen, denn ein solches Handeln der Klientelpartei FDP ist ja nicht unvorhersehbar.