Der Hoyerswerdaer Fußball hat wahrlich schon bessere Zeiten erlebt – aber auch Hoyerswerda hat schon bessere Zeiten erlebt. Diesen Sinnspruch sollten sich Einige besser als Poster direkt über das Bett oder vor den Schreibtisch hängen und sich täglich daran erinnern.
Tolle Geschichte!
Was waren das noch für tolle Fußballer-Zeiten, als die Kicker alimentiert durch ihre jeweiligen Trägerbetriebe vor allem in den 70-ern und 80-ern wahrhaft tolle Erlebnisse hatten und ganz nebenbei für DDR-Verhältnisse fürstlich entlohnt wurden. Tausende Zuschauer drängten sich in den Stadien der Stadt. Gut ehrlich gesagt waren nur dann vierstellige Zuschauerzahlen am Adler, wenn der große städtische Konkurrent Aktivist aufspielte – da wurden es dann oft 3000 Fans und mehr, während in der Neustadt auch mal 10000 Zuschauer und mehr das Jahn-Stadion bevölkerten. Und was spielten sich da hochklassige moderne Dramen ab (FDGB-Pokal-Viertelfinale gegen Dynamo Dresden, mehrmals knapp den Aufstieg in die DDR-Oberliga verpasst, Pokalfight gegen Europapokalsieger FC Magdeburg vor über 12000 Zuschauern…). Und die Arbeiter aus dem nahen Kombinat Schwarze Pumpe lechzten förmlich nach Zerstreuung und Abwechslung. Auch in den Neunzigern bis hin in die Jahrtausendwende erlebte der Fußball in der Schwarze-Elster-Stadt seinen Höhepunkt, spielte in der dritt- und viertklassigen Oberliga und klopfte sogar ans Tor zur Regionalliga. Doch der Niedergang war kaum aufzuhalten – während man am Adler und anderswo happy war über Bezirksklasse und Bezirksliga, vegetierten die „Großen“ in der Neustadt vor sich hin, machten in der Führung Fehler, die den Club teuer zu stehen kommen sollten. Nach Insolvenz, großem Ausverkauf und einer unendlich langen Durtstrecke ohne einen einzigen Punktspielsieg fanden sich die Schwarz-Gelben vom FC Lausitz in der Bezirksklasse wieder. Das Wiederaufleben mit ansehnlich gefüllten Tribünen und Aufstieg währte indes nur kurz. Vor Saisonbeginn wieder einmal ein Umbruch, wieder eine ganze Mannschaft weg, der „freiwillige“ Rückzug in die Bezirksklasse und auch da gibt es in einer Tour auf den Sack – und das gegen Größen wie Medizin Großschweidnitz, Eintracht Niesky, Rauschwalde oder den VfB Zittau.
Doch die Zeit ist nicht stehen geblieben. Und unbeachtet vom großen Fußball beim FCL gab es auch bei anderen Stadtvereinen Bewegung. So fusionierten bereits 1995 SV Einheit Hoyerswerda und der Hoyerswerdaer SV 90 zum Hoyerswerdaer SV Einheit und der SV 1919 fusionierte 2001 mit den Fußballern vom ESV Lok zur SpVgg 1919 Hoyerswerda. Das war auch die Zeit, in der die Funktionäre im Stadtfußball den Vereinen weitere Fusionen aufs Auge drücken wollten. Plötzlich gab es hinter den Kulissen die unmissverständliche Ansage, dass nur der eine Förderung bekommen wird, der fusioniert. Der damalige Präsident des Stadtsportbundes Jürgen Schröter nannte damals explizit, dass es maximal zwei leistungsstarke Fußballvereine geben sollte. Danach ist viel passiert. Es gab die favorisierte Variante, dass der FC Lausitz mit dem HSV Einheit zusammengehen sollte – was offensichtlich an persönlichen Befindlichkeiten scheiterte. Stattdessen wurde die Fusion mit dem Altstadtclub zum Hoyerswerdaer SV 1919 angegangen. Und ehrlich, wenn man in der Neustadt dann nachhaltig gute Arbeit geleistet hätte, würde heute wohl niemand mehr von diesem Club sprechen. Denn es zeigten sich schnell teilweise gravierende Probleme. Und auch die Vereinsgröße – für Politiker so etwas wie der Gradmesser der Bedeutung – nahm rapide ab. Von über 600 Mitgliedern, die beide Vereine zusammen noch vor dem Zusammenschluss hatten auf kaum mehr als 450 Mitglieder derzeit. Sehr erfolgreich würde ich sagen.
Aus der Geschichte lernen…
Wie sagte ein heutiger Ex-Kanzler immer so gerne? „Wir müssen aus der Geschichte lernen!“ Das gilt wohl nicht im Fußballsport. Denn schon seit Beginn der laufenden Spielzeit gibt es Gespräche über das endgültige Auslöschen der Hoyerswerdaer Fußballtraditionen. Unter dem neuen FCL-Präsidenten Hagen Grasemann kam wieder neuer Schwung in die nie abgerissenen Kontakte an den Adler. Schon des öfteren gab es Anläufe zur Kooperation zwischen den beiden letzten echten Stadtvereinen. Doch oft waren die Lippenbekenntnisse und Vereinbarungen schlicht nichts wert, wenn es darauf ankam. Ich kann mich an unzählige sogenannte „Vereinbarungen“ im Jugendbereich erinnern, in denen der FCL doch bitte die stärksten Spieler abzuliefern hatte und im Gegenzug versprochen wurde, das die Nachwuchsmannschaften dann durch Adler-Kicker aufgefüllt werden. Doch meist blieb es bei Einseitigkeiten und plötzlich wollte sich niemand mehr erinnern oder wollten Trainer keinen Spieler mehr abgeben – offensichtlich, weil die Auswechselbank keine Standsicherheit hatte, wenn nicht mindestens 8 Spieler darauf sitzen…
Alles kalter Kaffee!
Denn jetzt im Winter wird es plötzlich ganz heiß! Der FC Lausitz braucht dringend gut ausgebildete Kicker für seine Bezirksklassemannschaft, um den Sprung in die neue Kreisoberliga 2011 schaffen zu können. Neben drei Kickern aus dem Umland haben auch vier Ehemalige zugesagt, die derzeit beim Hoyerswerdaer SV 1919 – dort lechzt man im Übrigen nach Neuzugängen und muss nun verbittert erfahren, dass weitere Spieler sofort weg wollen – spielen (sollten). Denn natürlich kann man dort mit den vielen gut ausgebildeten Spielern vom FC Lausitz, die man über die Jahre eingefangen hat, kaum wirklich etwas Sinnvolles anfangen. In einer Mannschaft können eben immer nur 11 Mann spielen plus Auswechslern und Reserve. Da sollte es doch wegen der guten Kontakte und Gespräche keine Probleme mit der Freigabe geben? Eben doch! Natürlich wäre eine Fusion alles andere als eine Liebeshochzeit. Und natürlich wähnt man sich am Adler in einer starken Verhandlungsposition und favorisiert, dass doch die Schwarz-Gelben bitte kapitulieren und auf Knien rutschend um Aufnahme zum King-Club winseln sollen. Das sorgt natürlich für Irritationen in der Neustadt. So trifft man sich in dieser Woche bei leckerem Essen – natürlich auf Kosten des „reichen“ FCL – und tauscht seine Argumente aus, warum der Eine gerne seine Spieler haben möchte, die auch unbedingt wechseln wollen und warum der Andere Spieler nicht freigeben will, die ja gar nicht für ihn spielen. Und auch dabei wird es vornehmlich um das Thema Fusion gehen. Denn was wäre das für ein schlechtes Omen, wenn man sich hier nicht einmal auf eine solche Zusammenarbeit einigen kann.
Alles geritzt?
Ja, die Messen sind wohl schon gesungen. Hinter den Kulissen wird nur noch um die Konditionen und die Form gerungen, wie ein solcher Zusammenschluss laufen soll. Dabei könnten sich eventuell noch bestehende Verbindlichkeiten des kleinen Partners als Problem erweisen. Das wäre somit ein No-Go für eine Fusion. Doch die würde man ja auch nicht mehr brauchen, wenn man einfach alle Spieler und Trainer zum Altstadt-Club abgibt. Nachdem am Adler sowieso kaum Bedingungen für die vielen Spieler geschaffen werden können, werden die meisten am Ende wieder im Jahnstadion trainieren und spielen – so wie es der Großclub HSV 1919 bereits seit Jahren praktiziert. Der Sinn einer Fusion ist auch nicht erkennbar, wenn durch jeden Zusammenschluss wieder zig Sportsfreunde verloren gehen. Und wie soll die Entwicklung danach aussehen? Wo will man dann neue Spieler her bekommen? Werden dann die Umlandvereine ausgiebigst geplündert?
Ich wiederhole mich gern: Eine Fusion löst keine Probleme. Eine Fusion löst keine Strukturdefizite. Eine Fusion wird nicht für erfolgreichen Fußball sorgen – es sei denn, man definiert Bezirksliga oder vielleicht irgendwann einmal Landesliga als Erfolg. Doch da fällt uns die Geschichte wieder auf die Füße – Hoyerswerda hatte echten hochklassigen Fußball. Diese Blütezeit ist vorbei und wird auch nicht wieder kommen. Nie wieder!