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Hoyerswerda verliert absolut gesehen weniger Einwohner als vorher. Im Jahr 1990 verließen satte 3065 Einwohner die Stadt, 1991 noch einmal 2544. Bis 1995 waren es dann nur noch rund 1300 im Jahr. Dann setzte der Abwanderungstrend noch einmal richtig in Gang und bis 2001 verließen durchschnittlich über 2100 Einwohner/Jahr die Stadt. In den folgenden Jahren waren es dann immerhin jährlich über 1000 Einwohner, die Hoyerswerda den Rücken zukehrten. 2009 noch 996, 2010 dann 839 und im vergangenen Jahr eben nur 763 Einwohner.
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Hoyerswerda verliert eben auch relativ gesehen immer weniger Einwohner. 1990 waren es noch rund 4,5% der Einwohner, 1991 3,9%. Dann kamen die Jahre 1992-1995 mit durchschnittlich 2,1% weniger Einwohnern. Und von 1996 bis 2007 waren es wieder durchschnittlich 3,5% der Einwohner, die die Stadt verlassen haben (mussten?). 2008 sagten 2,8% Adé, 2009 waren es 2,6%, 2010 dann 2,2%. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 2,1% der Einwohner.
Aber wie kommt das denn? Dafür gibt es enige Gründe:
Natürlich ist das Potential derjenigen, die die Stadt verlassen (wollen oder müssen), immer weiter gesunken. Die jungen Hoyerswerd’schen, der besser gebildeten (mit höheren Verdienstchancen) Hoyerswerdaer hat schon seit einigen Jahren rapide abgenommen. Logischerweise sinkt so auch langsam die Zahl der Wegzüge.
Das beweist der Vergleich der Differenz der Zuzüge-Fortzüge mit der Differenz der Geburten-Sterbefälle. Denn in den 90er-Jahren kamen bis zu 90% des Einwohnerverlustes aus der Differenz der Zuzüge-Fortzüge und 10% aus der Differenz der Geburten-Sterbefälle. Später waren nur noch 80% des Einwohnerschwundes durch die Umzugbilanz zustande gekommen, Tendenz fallend. Im Jahr 2010 machte die Differenz der Geburten-Sterbefälle schon fast 35% aus.
Die Daten habe ich beim Statistischen Landesamt ermittelt und zu dieser Tabelle zusammengefügt. Es gibt in einigen Jahren minimalen Differenzen, also die Differenz Geburten-Sterbefälle und der Zuzüge-Fortzüge gemeinsam müsste normal genau dem Einwohnerverlust entsprechen und dennoch gibt es auch da manchmal Differenzen um wenige Einwohner, in den Jahren 1988 und 1990 gibt es größere Differenzen, die wohl mit DDR-spezifischen Messmethoden einhergehen könnte.
Wie setzt sich Hoyerswerdas Einwohnerverlust zusammen? |
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Zuzüge | Fortzüge | Differenz Zuzüge-Fortzüge |
Geburten | Todesfälle | Differenz Geburten-Todesfälle |
Einwohnerverlust gesamt |
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1986 | 1759 | 2841 | -1082 | 1012 | 494 | 518 | -564 |
1987 | 1965 | 2682 | -717 | 1021 | 575 | 446 | -278 |
1988 | 2439 | 2563 | -124 | 1040 | 579 | 461 | 415 |
1989 | 1998 | 3938 | -1940 | 988 | 588 | 400 | -1546 |
1990 | 1888 | 5050 | -3162 | 839 | 617 | 222 | -3065 |
1991 | 1108 | 3525 | -2417 | 513 | 640 | -127 | -2544 |
1992 | 1269 | 2275 | -1006 | 371 | 607 | -236 | -1242 |
1993 | 1292 | 2058 | -766 | 326 | 621 | -295 | -1061 |
1994 | 1248 | 2276 | -1028 | 312 | 570 | -258 | -1286 |
1995 | 1329 | 2818 | -1489 | 326 | 528 | -202 | -1691 |
1996 | 1041 | 3206 | -2165 | 329 | 558 | -229 | -2394 |
1997 | 1073 | 2838 | -1765 | 323 | 542 | -219 | -1983 |
1998 | 1108 | 2958 | -1850 | 320 | 532 | -212 | -2061 |
1999 | 1097 | 2845 | -1748 | 344 | 504 | -160 | -1908 |
2000 | 1158 | 3025 | -1867 | 340 | 523 | -183 | -2046 |
2001 | 999 | 3062 | -2063 | 303 | 525 | -222 | -2286 |
2002 | 1096 | 2399 | -1303 | 277 | 510 | -233 | -1536 |
2003 | 1040 | 2100 | -1060 | 250 | 563 | -313 | -1370 |
2004 | 1083 | 1958 | -875 | 243 | 485 | -242 | -1112 |
2005 | 952 | 1952 | -1000 | 217 | 509 | -292 | -1292 |
2006 | 910 | 1730 | -820 | 236 | 463 | -227 | -1045 |
2007 | 798 | 1775 | -977 | 215 | 508 | -293 | -1268 |
2008 | 868 | 1652 | -784 | 236 | 533 | -297 | -1080 |
2009 | 812 | 1496 | -684 | 196 | 508 | -312 | -993 |
2010 | 885 | 1432 | -547 | 201 | 493 | -292 | -839 |
Auf der anderen Seite erreicht die Stadt so langsam ihre – ich nenne das jetzt mal so – Schrumpfungsgrenzen. Denn Hoyerswerda ist eben nicht einfach eine Stadt ohne Perspektive, ohne Jobs, ohne junge Menschen. Relativ gesehen mag diese Betrachtung stimmen. Absolut nicht:
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Denn natürlich braucht allein die Infrastruktur der Stadt einige tausend Angestellte – von Polizisten, über Stadtverwaltung, Verkäufern, Versorgungsbetrieben bis hin zu hunderten Arbeitsplätzen in der örtlichen Industrie z.B. beim Wärmeanlagenbauer YADOS. Letztgenannter hat derzeit sogar Schwierigkeiten, seine Arbeitsplätze in ausreichendem Umfang mit qualifiziertem Personal zu besetzen und plant Erweiterungen seiner Produktionskapazitäten im Gewerbegebiet Nardt.
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Und natürlich gibt es auch weiterhin noch junge Menschen. So sind zwischen 2005 und 2010 immerhin 1301 Kinder geboren und mit Wohnsitz Hoyerswerda gemeldet worden. Das ist ein niedriges Nievau, aber seit Anfang der Neunzigerjahre ist der Anteil der Neugeborenen je Einwohner mit zirka 0,5% relativ konstant.
Auch, wenn die nackten Zahlen grausam aussehen und so manchem Hoyerswerdaer das Gefühl geben, dass man in einer sterbenden Stadt lebt, Hoyerswerda lebt! Hoyerswerda hat durchaus Zukunft. Die Stadt muss ihre Nische finden, im neu entstehenden Lausitzer Seenland (seit wievielen Jahren reden wir überhaupt darüber, dass das Seenland neu entsteht???), im wieder auflebenden Bergbau (Stichwort: Kupferbergbau bei Spremberg) und auch im Wettkampf um die besten Köpfe bei den Kindern/Jugendlichen (Stichwort: Gymnasien, Konrad-Zuse-Akademie ZUSAK) und natürlich auch bei den Arbeitnehmern (Stichwort: Industriebetriebe wie z.B. YADOS). Es gibt durchaus Hoffnungsschimmer am Horizont, es ist ein leichter Lichtstreif erkennbar.
Und dennoch hat die Stadt strukturelle Schwierigkeiten. Wir werden mehr ältere Einwohner haben, die Anteil der jüngeren Einwohner wird wohl auch weiterhin relativ sinken. Ein großer Teil der Arbeitsplätze ist im Niedriglohnsektor angesiedelt, dieses Problem wird dann im Alter zu finanziellen Engpässen führen, die die Stadt Hoyerswerda dann im Rahmen der Alterssicherung durch Zuschüsse zu den Wohnkosten ausgleichen muss. Und natürlich muss die Stadt auch ihre Strukturen weiter anpassen, es werden noch weniger Kindergärten und Schulen gebraucht, es müssen mehr Einrichtungen zum selbstbestimmten Leben für ältere Menschen geschaffen werden. Barrierefreihheit wird ein wichtiges Thema sein und dennoch müssen die Familien unterstützt werden, die hier in Hoyerswerda ihr privates Glück und auch die Stadt durch Kinder beglücken wollen. Schon heute zeigt sich, dass es zunehmend schwerer wird, gut gepflegte Kinderspielplätze zu finden. Und was ist mit Jugendlichen? Wie beschäftigt man sie nach der Schule sinnvoll? Das können nicht nur Vereine leisten, weil viele Bevölkerungsschichten solche Organisationsformen schlicht nicht ansprechen.
Damit aus diesem Hoffnungsschimmer auch eine gute Zukunft für die Stadt wird, muss eine Menge getan werden. Nicht nur heute und morgen. Sondern es muss immer und immer wieder um die Einwohner geworben werden. Dabei ist eben auch die Ausweisung von Neubaugebieten auf Abrissflächen in direkter Nähe zu Einkaufszentren, wie derzeit im WK VIII, ein wichtiger Schritt.
3 Kommentare
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Welches ist das Plugin an der Seite ? Das moechte ich auch!
Autor
Hallo,
es handelt sich um das Graphene Theme (ab WordPress 3.1).
http://www.khairul-syahir.com/wordpress-dev/graphene-theme
Grüße
Robert
Interessanter Beitrag „hoyerswerda schrumpft weiter“, statistisch exakt erfaßt, aber leider ist der Grund dieser Entwicklung sehr schwach angeführt.
Es gibt ja Gründe warum die jungen Menschen aus unserer Region, die seine Reize hat (s.oben anführter Link), sich verabschieden.
Ich denke es gibt zu wenig. mittelständische Produktionsindustrie (nicht Konsumtionsindutrie), die auch einen angemessenen Verdienst in unserer Reigion sichern. Ob die verantwortlichen Stellen sich diesbezüglich ausreichend bemühen, diese Frage kann sich jeder selber stellen.
[…] Blogs erinnern sich bestimmt an einen Beitrag aus dem Jahr 2012, damals hatten wir unter dem Titel „Hoyerswerda schrumpft weiter – nur nicht mehr ganz so stark…“ beschrieben, dass die Horrorvisionen schon jetzt Wirklichkeit sind, dennoch der Trend zum Schrumpfen […]