Gretchenfrage für den HSV 1919: Was sind diese Beine wert?

Gretchenfrage für den Hoyerswerdaer SV 1919: Was sind diese Beine wert?
Gretchenfrage für den Hoyerswerdaer SV 1919: Was sind diese Beine wert?

Heute Abend findet die Mitgliederversammlung bei Hoyerswerdas derzeit größtem Fußballverein statt. Schon in der Vorwoche hatten wir das brennende Problem der Mitgliederbereinigung angerissen. Doch eigentlich geht es heute Abend ans Eingemacht: Die Mitglieder wollen wissen, wie sich der Verein aufstellt.

 
Denn vordergründig stellt sich der Hoyerswerdaer Sportverein 1919 doch als Ausbildungsverein für die vielen Nachwuchsmannschaften dar, betreut den DFB-Stützpunkt Hoyerswerda. Von den 18 Mannschaft sind 2/3 Jugendmannschaften, beginnend bei den Bambinis bis hin zu den A-Junioren. Das erfordert einen hohen personellen Aufwand, aber geht auch mächtig ins Geld. Doch – und das ist für 1919 das Schöne -, für Nachwuchsmannschaften geben Sponsoren gern Geld. Das lässt sich ideal verkaufen. Doch, bei den Männern ist das schwieriger. Bösen Gerüchten zu Folge, müssen auch die Nachwuchsteams eingeworbene Sponsorengelder zu Teilen für die 1. Mannschaft zahlen.
 
Aber der Ex-Adler-Club möchte gern mehr Bedeutung und Anerkennung in Stadt und Region haben und die bekommt man nur mit erfolgreichem Männerfußball. Darum investiert der Verein über die Maßen viel Geld in die Bezirksligatruppe. Viele Adler-Fans werden entsetzt sein, beim Gedanken, dass ihr Verein den Spielern Geld in die Hand gibt, dass sich ihrem Hobby nachgehen. Doch, es ist tatsächlich so und das ist bei den anderen Bezirksliga-Teams im Übrigen ebenso üblich. (Am Rande eines informellen Gesprächs bestätigte ein Offizieller, dass die Spieler sehr wohl Aufwandsentschädigungen erhalten.)  Waren doch in der Vergangenheit stets Beteuerungen zu hören, die Adler-Kicker spielen für ihren Verein und die Ehre und nicht für Geld, so wie dies im Jahnstadion Usus gewesen wäre. Klar ist aber, dass kaum ein guter Fußballer in dieser Liga ohne finanzielle Motivation gegen den Ball tritt. So schön, so gut.
 
Nun müssen aber die Relationen bei einem Ausbildungsverein gewahrt werden. Ob das tatsächlich der Fall ist, müssen die Vereinsmitglieder ernsthaft hinterfragen. Unbestätigten Gerüchten aus dem Sommer zu Folge, würden einzelne Spieler bis zu 800 € im Monat für Gekicke erhalten. Im Nachgang zum Vorbericht der Mitgliederversammlung, erhielt ich noch zwei weitere Hinweise, die dieses Gerücht stützen. Es soll sich dabei um mindestens zwei Spieler handeln, die „viel mehr als 500 €“ bekommen sollen. Das wäre dann wirklich ein dickes Ding und müsste doch im Finanzplan auftauchen, macht ja allein für diese zwei Spieler mindestens 12.000 € im Jahr! Doch ganz so einfach ist die Sache dabei offensichtlich nicht. Denn eine solche Summe müssten Spieler und Verein entsprechend versteuern. Doch dafür gibt es auch Ausnahmen. Zum Einen gibt es im Einkommenssteuergesetz §3 Nummer 26 eine Regelung, die es erlaubt, bis zu 2.100 € im Jahr steuerfrei zu erhalten:
 
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 2 100 Euro im Jahr.
Deklariert man also die Tätigkeit einzelner Spieler als Trainertätigkeit (oder lässt sie auch tatsächlich ab und an bei den Junioren vorbeischauen), dann könnten 175 € monatlich unversteuert gezahlt werden.
 
Darüber hinaus gibt es eine Art Ehrenamtspauschale in Höhe von 500€ jährlich. Diese dürfen aber nur für eine andere ehrenamtliche Tätigkeit gezahlt werden als die oben erwähnte Übungsleitertätigkeit. Dies wird ebenfalls im §3 Einkommenssteuergesetz, diesmal in Nummer 26a geregelt:
 
Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 500 Euro im Jahr. Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 12, 26 oder 26b gewährt wird.
 
Damit könnte ein Spieler also im besten Falle 2.600 € jährlich steuerfrei erhalten, macht also gut 215 € im Monat. Herausragende Spieler sind so schwer zu bekommen. Die Ex-Adler sollen da aber recht findig sein. Ein Sponsor soll dem Vernehmen nach ausgewählten Spielern direkt Zuwendungen zukommen lassen, um den Wunschbetrag einiger Sportler zu erreichen. Dabei soll dieser Sponsor, der auch Vereinsmitglied sein soll, insgesamt eine vierstellige Summe auf den Tisch legen und das Monat für Monat.
 
Das Problem ist aber, dass natürlich auch andere Spieler von diesen Vergütungen mitbekommen und auch für ihr Hobby entlohnt werden wollen. Überdies sollen einige Spieler nicht erfreut sein, für einen „Topp-Verdiener“ extra zu laufen und Abwehrfehler auszubügeln, weil man selber ja nur mit „Peanuts“ abgespeist werde.
 
Das große Problem für die Mannschaft um Trainer Karsten Stroczek ist natürlich die hohe Erwartungshaltung, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Kosten für das Team. Dabei kommt auch Kritik an den Leistungen auf. Denn, dieses sei ja die leichteste Bezirksliga aller Zeiten. Und wenn man sich die Zusammensetzung der Liga anhand der aktuellen Tabelle anschaut, dann mag das durchaus zutreffen:
 

1. FSV Budissa Bautzen 2. – ehemaliger Bezirksligist
2. Hoyerswerdaer SV 1919 – ehemaliger Bezirksligist
3. SV Rot-Weiß Bad Muskau – ehemaliger Bezirksligist
4. Post SV Dresden – ehemals Bezirksklasse
5. SV See 90 – ehemaliger Bezirksligist
6. SG Weixdorf – ehemaliger Bezirksligist
7. Königswarthaer SV – Meister Bezirksklasse

8. SV Post Germania Bautzen – ehemals Bezirksklasse
9. FSV Oderwitz 02 – ehemals Bezirksklasse
10. SV Gnaschwitz-Doberschau – ehemals Bezirksklasse
11. SG Motor Cunewalde – ehemals Bezirksklasse
12. SV Großpostwitz-Kirschau – ehemaliger Bezirksligist
13. FSV Oppach – Meister Bezirksklasse
14. FV Dresden 06 Laubegast – ehemaliger Bezirksligist

Die Hälfte aller Mannschaften ist also sportlich kaum eine Herausforderung, in den Vorjahren sind die Bezirksklasseaufsteiger mit schöner Regelmäßigkeit oft wieder abgestiegen, weil der Sprung von der Bezirksklasse zur Bezirksliga zu groß war. Zusätzlich hat man eben Gerüchten zu Folge eines der teuersten Teams der Liga. Alles andere als der ungefährdete Aufstieg wäre eine Riesenenttäuschung. Und die scheint sich einzustellen. Die 4:0-Klatsche beim Auswärtsheimspiel im Jahnstadion gegen den SV See hätte noch als Ausrutscher durchgehen können. Dass nun am Wochenende auch beim beim Tabellenletzten FV Dresden 06 Laubegast hoch veroren wurde, tut richtig weh. Und doch liegen die Gründe für das Abschneiden der Mannschaft nicht nur im Sportlichen, die Ursachen sind hier menschlicher – und das ist nicht so zu verstehen, dass es besonderen Ärger zwischen den Spielern geht -, soll aber nicht näher erläutert werden.

Geld muss also her, so oder so. Schon in dieser Spielzeit soll der Verein seinen Spielern bis zu 2 Monats“gehälter“ geschuldet haben. Und dass, obwohl man sich ja die Kosten für das Stadion am Adler spart. Maik Tank sagte damals zur SZ/LR/hoyerswerdsche.de:

„Wir sparen damit mehr als ein Drittel gegenüber den bisherigen Ausgaben für die Platzbewirtschaftung am Adler“

Doch, wenn an dieser Stelle Geld eingespart wird, wo ist es dann hin? An dieser Stelle sei noch daran erinnert, dass die Mitglieder weiterhin die Wäsche-Wasch-Umlage zahlen, deren offizieller Grund ja die Deckung der Mehrkosten am Adler-Stadion gewesen sein sollen.

Und doch tun sich finanziell gesehen noch weitere Probleme auf. Die 1-Euro-Jobs sind weggefallen, dafür hatte man am Adler noch locker 10 Kräfte im Einsatz. Doch es fehlen eben nicht nur die 10 Arbeitskräfte, sondern vor allem das geld, das diese mitgebracht haben. Denn der Maßnahmeträger der 1-Euro-Jobs erhielt damals eine sogenannte Verwaltungspauschale, meist waren das um die 350€ pro eingesetzter Person. Diese erhielt davon 1 € bis 1,10 € für maximal 130 Arbeitsstunden in einem Monat, knapp 150€. Macht dann also pro 1-Euro-Jobber satte 200€ Gewinn – im Monat. Bei 10 Arbeitskräften, macht das fette 24.000 € Gewinn pro Jahr! Mit dem Wegfall der 1-Euro-Jobs für Sportvereine, ist diese Finanzierungsquelle ausgetrocknet. Dazu kommt eben auch, dass Gelder, wie sie der Europäische Sozialfonds zur Verfügung gestellt hatte, auch nicht mehr so leicht zu bekommen sind. Für die Förderperiode 2008-2013 erhält der HSV 1919 insgesamt satte 237.780 € – unter anderem für Fahrdienstleiter, Bürokraft, einen Chronisten, Kinderbetreuung und die Verschönerung der Außen- und Innenanlagen. Das ist nicht verwerflich, auch der LHV, Karate Do, der Sportclub und andere Vereine haben über den Europäischen Sozialfonds gutes Geld eingeworben.

Doch dem Ziel Aufstieg werden viele andere Dinge untergeordnet. Nun hat die Mannschaft sogar den Spitzenrang an Budissas Zweite abgegeben. Doch egal wie es kommt, es muss eine Grundsatzentscheidung her, wie sich der Verein im Männerfußball aufstellen will, denn die Kosten für einen Landesligaaufstieg werden im Vergleich zu den bisherigen alles andere als gering sein. Da wollen nicht nur die Spieler mehr Geld sehen. Da kommen die Schiedsrichter aus den hintersten Ecken unseres Freistaates an und kosten mal eben 400-500 € locker-flockig pro Heimspiel. Die Anfahrtswege und -kosten für die Auswärtsspiele steigen weiter an und auch der Trainingsaufwand müsste massiv erhöht werden, um mithalten zu können. Dazu bräuchte man auch richtige Verstärkungen, wobei man dann nicht mehr so bequem auf Spieler des anderen Stadtclubs zurückgreifen kann, weil man ja fast schon die halbe Mannschaft mit Ex-Schwarz-Gelben gefüllt hat. Die Einnahmen durch Zuschauer und Sponsoren werden jedenfalls kaum steigen.

Was sind also die Beine der Männerfußballer für den Verein wert?

Die Mitglieder müssen den Vorstand zwingen, darzulegen, wie eine finanziell gesicherte Zukunft aussehen soll. Der Ruf nach Hilfe durch die Stadt sollte tunlichst ausbleiben – im Übrigen gab es eine solche für den mehrfach finanziell ums Überleben kämpfenden Stadionnachbarn in der Vergangenheit niemals. Es wird also wirklich heiß heute Abend!

P.S.: Die A-Junioren spielten gestern gegen die SG Dynamo Dresden 0:7, dabei konnten die Tröster-Schützlinge im ersten Durchgang ein respektables 0:2 halten. 135 Zuschauer sorgten immerhin für eine in Erinnerung bleibende Zuschauerkulisse – die 1. Männermannschaft erreicht diese Werte kaum bei ihren regulären Heimspielen!

 

Offenlegung: Ich war bis zum Juni 2010 in diversen Funktionen – zuletzt als Pressesprecher – beim FC Lausitz Hoyerswerda tätig.

 

4 Kommentare

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  1. Unglauiblich, daß die diesen baltretern solche Summen hinterherwerfen. Aber irgendwann kommt das böse Erwachen

  2. Na wenigstens glaubt Dir „Manne“ diesen an Lügen, Spekulationen und Verleumdungen nicht zu übertreffenden „Beitrag“.

    Nichts für ungut: Sport frei!!!

  3. Ein sehr interessanter Beitrag. Wenn auch nur die Hälfte stimmt, gibt er doch genau das wieder, was ich seit geraumer Zeit vermute: Es gibt in diesem Verein Leute (zumindest einen), die versuchen, sich auf diese Art zu profilieren. Und geben ganz nebenbei mal den Adlerplatz preis.
    Ich glaube, dass diese Leute (zumindest einer) die Totengräber für diesen Verein sind.

  4. ‚Zitat aus deinem artikel…..
    Klar ist aber, dass kaum ein guter Fußballer in dieser Liga ohne finanzielle Motivation gegen den Ball tritt. So schön, so gut.‘

    Logisch, ist oder scheint dies heute so zu sein! und Fakt ist auch, dass es Spieler bei 1919 gibt, die Geld mit Fußball spielen verdienen. Das gibt es in der Kreisliga…. Wissenslücke bei DIR?
    Wer wem was gibt, entscheiden immer noch die, die es auch zu verantworten haben… das schien bei deinen drei verschieden genannten Vereinen ja gar nicht klar zu sein???
    Ach ja, die Jungs, die 500- 800 Euro verdienen sind mir jetzt wohl bekannt, denn sie haben- wohl auch nach deinem Artikel- die Hälfte ihres Salärs zurück gezahlt- wegen sich Schämens wegen schlechter Leistungen in den letzten beiden Spielen- ob dies wohl die ‚Pumpe-Spieler‘ von damals auch gemacht hätten???

    Nichts für ungut….

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