2012 ist wieder einmal ein wichtiges Jahr für alle Freunde des runden Leders. Da findet in Polen und der Ukraine die Fußball-Europameisterschaft statt, klaro. Aber eben nicht nur dort. Auch in unserer Region wird eine Fußball-Europameisterschaft stattfinden. Die Europeada, die Fußball-Europameisterschaften der Autochthonen, Nationalen Minderheiten wird in diesem Jahr vom 16. Juni bis 24 Juni in der Oberlausitz ausgetragen – die Spiele finden in 8 Stadien zwischen Hoyerswerda, Kamenz und Bautzen statt.
Dabei sind neben dem Finalspielort Bautzen auch Wittichenau, Crostwitz, Nebelschütz, Neschwitz, Panschwitz-Kuckau, Radibor und Ralbitz. Denn der Veranstalteter, die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen FUEV, hat in diesem Jahr die nationale Minderheit der Sorben als Ausrichter auserkoren. Daher finden die Spiele im Siedlungsgebiet der Sorben statt. Doch außer den FInalspielen in Bautzen, finden die Spiele alle nur in kleinen Gemeinden statt, während die hervorragend ausgestatteten Sportstätten in Kamenz und Hoyerswerda nicht berücksichtigt worden. Wir wollten von Pressesprecher Benno Scholze wissen, welche Ziele die Veranstalter mit der Europeada verfolgen und warum, die EM eben nicht in Hoyerswerda über die Bühne gehen wird.
Hoyerswerda-lebt: Die Europeada ist die Offizielle Fußballeuropameisterschaft der Nationalen Minderheiten. Abgesehen vom sportlichen Gedanken, soll das Turnier wohl mehr bewirken, was genau?
Benno Scholze: Der ursprüngliche Gedanke der Europeada war genau umgekehrt. Man wollte zeigen das Minderheiten nicht nur auf Tracht und Bräuche reduziert werden müssten, sondern, dass Sie auch ganz allerweltliche Sachen beschäftigen. Fussball ist ein Massensport und macht auch nicht vor Minderheiten halt. Man will durch den gemeinsamen Spass Interesse an den Volksgruppen wecken. Natürlich will man sich auch präsentieren, im täglichen Leben wird ja sehr wenig über die Minderheiten berichtet, man will zeigen, dass man noch lebendig seine Wurzeln pflegt. Deshalb ist auch ein Kulturtag geplant, an dem sich die Volksgruppen vorstellen. Eventuell werden begleitend noch andere Veranstaltungen stattfinden.
Hoyerswerda-lebt: Die Spiele finden meist in kleinen sorbisch geprägten Gemeinden statt. War es eine wichtige Voraussetzung, dass in Gemeinden gespielt wird, in denen selbst nationale Minderheiten leben?
Benno Scholze: Natürlich war es wichtig, dass in sorbischen Gemeinden gespielt wird. Vorrangig waren es die, von wo auch die Spieler der sorbischen Auswahlmannschaft stammen – also Radibor, Ralbitz, Crostwitz, Panschwitz, Nebelschütz, Wittichenau, Bautzen und Neschwitz. Und es spielte auch eine gewichtige Rolle, dass die Ortschaften wirklich zweisprachig sind, dass also das tägliche Leben der Sorben präsent ist. Trachten- oder Brauchvorführungen sind nicht geplant.
Hoyerswerda-lebt: Warum wurde nicht auch die Stadt Hoyerswerda mit dem hervorragenden Jahn-Stadion ausgewählt?Wäre es nicht gerade das Signal gewesen, zu zeigen, dass Hoyerswerda ebenso wie die vielen kleinen Gemeinden im Kernlebensbereich der Sorbischen Minderheit eben doch besonders tolerant sind?
Benno Scholze: Hoyerswerda ist leider nicht im Stadionpool mit enthalten, aus demselben Grund wie Kamenz oder Bischofswerda, die ebenfalls sehr gute Sportstätten vorhalten. Aus diesen Regionen wurden keine sorbischen Spieler von den erfahrenen Auswahltrainern nominiert. Die Anfahrtswege sollten so kurz wie möglich gehalten werden. Da die Europeada wird durch Sponsoren- und Fördergelder finanziert wird, müssen wir auch darauf achten. Sicherlich – und da können wir aus Erfahrung sprechen – ist Hoyerswerda eine sehr offene Stadt, auch was das Sorbische betrifft. Es wäre ein gutes Signal gewesen, auch in Hoyerswerda Spiele auszurichten, zumal die sportlichen Voraussetzungen wirklich gut sind. Aber leider ist bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht der Bedarf an weiteren Sportplätzen gegeben. Und betreffend des schlechten Rufes von Hoyerswerda: Ich persönlich habe bis jetzt keine negativen Erfahrungen gemacht.
Hoyerswerda-lebt: Welche Erwartungen verbinden Sie mit der Ausrichtung der Europeada 2012? Wird sich die Wahrnehmung der nationalen Minderheiten dadurch ändern?
Benno Scholze: Wir hoffen, dass durch die EUROPEADA 2012 die Präsenz der Minderheiten im täglichen Leben gestärkt wird. Vielleicht kann man auch Interesse bei dem Einen oder Anderen wecken, oder wenigstens eine Sensibilisierung für das Thema erreichen. Und wir möchten ein guter Gastgeber für die anderen Minderheiten sein. Sie sollen sich wohl fühlen, und auch merken, wie wir, die Sorben, hier in Deutschland leben.
Hoyerswerda lebt: Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für die WM. Vielen Dank für das Gespräch!