Lange angekündigt und dann doch nie so recht erschienen ist ein Abriss zum neuesten städtischen Unternehmen: Es geht um die Energie Erzeugungsgesellschaft Hoyerswerda mbH – kurz EEH. Bisher war nur sehr wenig rund um die EEH zu lesen (z.B. hier in der Lausitzer Rundschau) und das obwohl sie eine Schlüsselposition für Hoyerswerdas Zukunft einnehmen könnte…
Im letzten Jahr wurde die EEH also gegründet. Endlich möchte man fast sagen, denn viele Jahre lang verschlief Hoyerswerda die Entwicklung. Während anderenorts die Kommunen bereits fröhlich die Gewerbesteuern ihrer lokalen Erneuerbaren Energieprojekte Jahr für Jahr verbuchen konnten, schlummerte Kohle-HoyWoy weiter vor sich hin. Doch die Energiewende ist längt im Laufen. So werden laut Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit schon jetzt mehr als 16% (z.B. hier auf Seite 7 anschaulich gezeigt und nach Energieträger aufgeschlüsselt) der Stromerzeugung durch Erneuerbare Energien geleistet. Und auch die Wärme- und KRaftstofferzeugung wird mehr und mehr durch die Erneuerbaren geleistet. Der Boom der umweltschonenden Technologien kommt aber nicht einfach so vom Himmel gefallen. Zur intensiven Förderung der Investitionen wurde unter anderem das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) – aktuell das EEG gültig ab 2009 – verabschiedet. Dieses regelt unter anderem eine Anschlusspflicht an die bestehenden Stromnetze und eine Abnahmepflicht des erzeugten Grünstroms. Damit sich die Investitionen auch rechnen, wird den Anlagenbetreibern eine gewisse Vergütung über einen Zeitraum garantiert, den sie auch dann erhalten, wenn der Preis an der Strombörse geringer ist. Diese Differenz gleichen alle Strombezieher über ihre Stromrechnung aus. So dürfen alle Stromnutzer im Jahr 2011 derzeit einen Aufschlag von 3,5 Cent je kWh bezahlen – wenngleich Lobbyverbände diese hohen Ausgleichszahlen stark anzweifeln – realistischer erscheinen wohl 3 Cent je kWh.
Doch was bedeutet das für Hoyerswerda? Relativ einfach, solange wir uns nicht daran beteiligen, spielen wir Zahlemann-und-Söhne für die Anlagenbetreiber in ganz Deutschland, können aber nicht selbst vom Boom und damit von den finanziellen Vorteilen profitieren. Die Gründung einer eigenen Energieerzeugungsgesellschaft unter dem Dach der Städtischen Wirtschaftsbetriebe (SWH) ist da nur folgerichtig (Zur Erinnerung: Die SWH ist vereinfacht gesagt das Unternehmen, das die Gewinne der Versorgungsbetriebe Hoyerswerda (VBH) mit den Verlusten von Lausitzbad, Lausitzhalle und dem städtischen Busunternehmen VSE verrechnen und den Rest möglichst gewinnbringend für Hoyerswerdas Zukunft anlegt).
Aber wie soll man es anfangen? Man kann das dankenswerterweise gut nachvollziehen, da die wichtigsten Unterlagen im Ratsinformationssystem der Stadt Hoyerswerda abgelegt sind. Zunächst wurde das Potential zur Erzeugung Erneuerbarer Energien auf dem Gebiet der Stadt Hoyerswerda untersucht:
a) Biogaspotenzial
Tierbestand 3000 Großvieheinheiten
Ackerflächen 100 ha
Bioreststoffe 24.770 t/a
davon Speisereste, Grünpflege usw. 13.742 t/a
davon Biomasse aus Gewässerpflege 11.028 t/ab) Holznutzungspotenzial
Waldflächen 5.070 ha
Hackschnitzel 12.500 t/ac) Flächenpotenzial
Solarthermie 11 ha
Photovoltaik 118 ha
davon Privat 19 ha
davon Gewerbe 25 ha
davon Kommunal 2 ha
davon Freifläche 72 ha
Windenergie 18 ha
Daraus ergab sich dann folgendes Energiepotential:
therm. Energiepotenzial MWh/a
Tierbestand 2.000
Bioreststoffe 6.400
Hackschnitzel 33.300
Waldflächen 22.700
Ackerflächen 1.200
Solarthermie 88.600
Umweltwärmepotenzial 10.088elektr. Energiepotenzial MWh/a
Tierbestand 2.600
Bioreststoffe 8.500
Hackschnitzel 9.500
Waldflächen 6.500
Photovoltaik 151.000
Ackerflächen 1.600
Windenergie 10.000
Man hat sich dann aber dazu entschlossen nur drei Projektarten umzusetzen: Photovoltaikprojekte (also Solarenergie), Biogasprojekte und Holzgasverstromung.
Die beiden ersten Photovoltaikprojekte hat man bereits umgesetzt. Das ist auch kein Wunder, denn solche Vorhaben können mit relativ kurzen Vorlaufzeiten verwirklicht werden. Doch was kommt dabei heraus? Die Solaranlage auf dem Dach der Lausitzhalle hatte laut Angaben der SWH zirka 190.000 Euro gekostet. Doch im Wirtschaftsplanentwurf der EEH sind Investitionskosten von zirka 217.000 Euro vermerkt. Diese Anlage liefert laut SWH zirka 62.000 kWh Strom im Jahr. Entgegen der usprünglichen Annahme aus dem Businessplanentwurf wird der erzeugte Strom auch nicht mit 39 Cent je kWh vergütet, sondern laut aktuellem EEG in Verbindung mit den zwei Einmal-Degressionsstufen nur noch mit 31,42 Cent je kWh.
Die ursprünglich geplante Solaranlage auf dem Dach des Lausitzbades wurde nicht realisiert, da die Kosten für die Absicherung (u.a. Blitzschutzanlage) zu hoch gewesen wären.
Also werden schon jetzt die errechneten Projekte nicht so umgesetzt werden können, wie geplant. Und dennoch setzte man zunächst auf Solarenergie.
Die geplante Biogasanlage soll im kommenden Jahr errichtet werden und soll bei geplanten Investitionskosten von 3.500.000 Euro sagenhafte 950.000 Euro Ertrag im Jahr erwirtschaften. Abzüglich aller Kosten könnten so Jahr für Jahr eine Viertelmillion Euro Gewinn erzielt werden.
Das für 2015 geplante Holzkraftwerk würde das Ganze nochmals toppen. Denn die geplanten zirka 4.000.000 Investitionskosten bringen rund 1.500.000 Euro jährliche Erträge, haben aber auch hohe Kosten und könnten so über 100.000 Euro Gewinn bringen.
Das alles klingt sehr verlockend. Doch die Holzgasverstromung steckt noch in den Kinderschuhen. Und die hohen Betriebskosten könnten bei einem weiteren Ansteigen der Holzpreise die gesamte Kalkulation zerstören. Da frage ich mich, warum es nicht mit einfacherenEnergieerzeugungsmethoden, wie der Windkraft versucht wird? Freilich, das angebliche Windpotential beträgt nur 18 ha – das entspricht also nur 0,18 km² – mithin eine Fläche von z.B. 600m mal 300m. Auf einer Fläche von 95 km² finden sich bestimt auch große Flächen, die für Windenergieanlagen geeignet sind. Denn Windenergie bietet prinzipiell hohe Erträge bei hohen Einstiegskosten. Insbesondere im Nordosten der Stadt gibt es ein größeres Waldgebiet zwischen der B97 und Kühnicht. Hier ließen sich an den Stadtgrenzen 10-12 große Windenergieanlagen errichten. Ich habe für das Titelfoto einfach mal 11 dieser Windenergieanlagen in diesen Wald montiert. Die notwendigen Abstände zur Besiedelung ließen sich einhalten und um das ganze noch zum wirklich Wahrzeichen werden zu lassen, könnte man die Türme mit den Buchstaben der Stadt versehen, die auch in den Abendstunden weithin leuchtend HOYERSWERDA verkünden.
Doch auch die technische Seite kann beeindrucken. Denn bisher waren Waldstandorte eher schwierig, weil der Wind nicht ideal anströmen kann. Doch dank immer höherer Turmkonstruktionen (entweder Gittermasttürme, wie durch die Firma Fuhrländer in Spremberg verwirklicht oder durch Hybrid-Türme) lassen sich Nabenhöhen von 140 Metern erreichen. Mit ausreichend langen Rotorblättern (wie z.B. 101m bei der Enercon E101 oder 114m bei der REpower 3.2M114) könnte eben auch an diesen „Schwachwindstandorten“ mit diesen 3MW-Anlagen pro Jahr und Anlage eine Ertrag von – konservativ gerechnet – mehr als 6.000.000 kWh erzeugt werden. Aber da sind dann eben auch die Kosten für die Errichtung des Windparks zu tragen. Es gibt in der Windbranche so eine Faustformel, dass eine reine Windenergieanlage zirka 1 Million Euro pro installierter 1MW-Leistung kostet. So würden als die vorgenanten 3MW-Anlagen zirka 3 Millionen Euro kosten. Zuzüglich Nebenkosten für die Erschließung, den Netzanschluss, die Zuwegung (die Anlagen müssen ja durch Errichtungs- und Service-Fahrzeuge stets erreicht werden können) usw. wären also für einen Windpark mit 11 solcher Anlagen um die 40 Millionen Euro zu planen. Das ist kein Pappenstil! Würden sie aber – konservativ gerechnet – 66.000.000 kWh pro Jahr erzeugen, würden bei einer derzeitigen Anfangsvergütung von 9,7 Cent je kWh sagenhafte 6,5 Millionen Euro Erlös erwirtschaftet. Damit ließen sich die relativ niedrigen Service- und Betriebskosten locker abdecken und ein nettes Sümmchen Geld für die SWH verdienen. Da wäre halt nur das finanzielle Risiko…
Haaalt schreien da bestimmt die Naturschützer. Die Dinger verschandeln doch die Landschaft?! Schönheit liegt sicher immer im Auge des Betrachters. Ein Kohlekraftwerk ist jetzt auch nicht besonders hübsch.
Aber die armen Tiere, die werden gestört und die Vögel werden massenweise geköpft?! Laut dem Umweltverband BUND ist dies mehr Gerücht als Wirklichkeit:
Experten gehen von 0 bis 40 Vögel pro Anlage und Jahr aus, im Schnitt scheinen es etwa 0,5 Vögel pro Anlage und Jahr zu sein. Bei 17 500 Anlagen wären das 8 750 Vögel.
Zum Vergleich: Man geht davon aus, dass jeweils ca. 5 – 10 Millionen Vögel im Straßenverkehr und an Hochspannungsmasten pro Jahr in Deutschland sterben.
Also alles in Butter? Vielleicht. Das müsste eine genau Planung durch ein spezialisiertes Windplanungsbüro ergeben. Die könnten die idealen Standorte finden, vermessen und am Ende eine Wirtschaftlichkeitsrechnung anstellen.
Eine Rechnung noch zum Schluss: Die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Lausitzhalle erzeugt bei Kosten von 180.000 Euro nur zirka 62.000 kWh Strom im Jahr. Eine theoretischer Windpark könnte bei Kosten von 40.000.000 Euro zirka 66.000.000 kWh Strom im Jahr erzeugen. Damit muss man also rund 3 Euro pro kWh investieren bei Photovoltaikanlagen aber nur zirka 60 Cent je kWh bei einer Windenergieanlage.
Und nur zum Vergleich. Das Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe erzeugt bis zu 12.000.000.000 kWh Strom im Jahr. Die Einstandskosten betrugen hier zirka 2,3 Millarden Euro, würden aber theoretisch nur 20 Cent Investitionskosten je kWh ergeben. Ganz so wirtschaftlich ist die Erneuerbare Energie also noch nicht, aber es werden schon jetzt gute Dimensionen erreicht. Zudem muss beim Kohlekraftwerk ja erst noch Kohle gefördert werden. Die Kleinigkeit von bis zu 36.000.000 kg Braunkohle würde hier bei Volllast Tag für Tag benötigt…
Abschließend möchte ich festhalten, dass ich es prinzipiell richtig finde, dass die EEH gegründet wurde, um nachhaltig Energie zu erzeugen. Es ist ein wichtiger Zukunftsfaktor für Hoyerswerda. Doch hier sollte einfach ein höheres Risiko gegangen werden und ein großes Projekt durchgeplant werden. Kredite werden von den Banken bei solchen Projekten gern vergeben, da die Vergütung durch das EEG ja schon gesichert ist.
Offenlegung: Ich arbeite bei einem Hersteller für Regenerative Energieerzeugungsanlagen.
4 Pings
[…] « Zukunftsvision Windpark Hoyerswerda? […]
[…] Dass die neu zu gründende Energien Erzeugungsgesellschaft Hoyerswerda mbH (EEH) grundsätzlich eine… Nachdem nun wohl alle wichtigen Dinge geklärt sind, so wurde u.a. der neue Geschäftsführer gefunden, muss jetzt noch der Stadtrat dem Konzept formal zustimmen. Doch wenn der Verwaltungsausschuss am 4. Mai und der Stadtrat am 25. Mai zustimmen sollen, dann werden die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen veraltet sein… siehe Nachtrag am Ende des Artikels […]
[…] Lausitzhalle). Die erzeugen aber nur in geringem Umfang Strom. Also muss da etwas Größeres her. Ich hatte im März diesen Jahres vorgeschlagen, es doch mit einem stadteigenen Windpark zu versuchen… Und tatsächlich wird die EEH nun Windstrom erzeugen – im Brandenburgischen Frehne an der A24 […]
[…] nun kommt Hoyerswerda ins Spiel. Die neu gegründete Energieerzeugungsgesellschaft Hoyerswerda EEH soll die Stadt Hoyerswerda an der… Das geschieht zunächst vor Allem mit dem Bau von Photovoltaikanlagen. Der EEH-Geschäftsführer […]