Ein Gespenst geht derzeit in den ostdeutschen Bundesländern um. Der sogenannte Solidarpakt II, wurde im Jahr 2001 als Ergänzung zum 2004 ausgelaufenen Solidarpakt I geschaffen, um den neuen Bundesländern auch weiterhin bei der Lösung der strukturellen Probleme beizustehen. Dieser endet 2019 und wird nicht mehr verlängert. Und damit sich die Länder daran gewöhnen können, schmilzt der jährlich gezahlte Betrag immer weiter ab. Die Länder sind also gezwungen, zu handeln.
Also werden aller Orten die Haushalte zusammengestrichen. Natürlich auch in Sachsen. Somit sinken auch die Pauschalzuweisungen für freiwillige Selbtverwaltungsaufgaben. Dazu zählen neben der Wirtschafts- und Strukturförderung und dem kulturellen Bereich vor allem die sozialen Belange. Der Landkreis Bautzen muss so z.B. im Jugendbereich mit jährlich 306.000 € weniger zurecht kommen als bisher. Und das hat Folgen für die Jugend- und Sozialarbeit. So waren bisher in der Region Hoyerswerda, Elsterheide, Lohas, Lauta und Spreetal neun Jugendsozialarbeiter angestellt. Künftig finanziert der Landkreis derer nur noch vier. Das Ganze nennt sich jetzt Sozialraumteam. Getragen werden diese vier Stellen von der Evangelischen Jugendarbeit, dem Christlichem Verein Junger Menschen Hoyerswerda und der Familienbildung Bischofswerda.
Nur um es kurz festzuhalten: Die Kirchen in Deutschland haben eine Statistik herausgegeben, die aufschlüsselt, wieviele Menschen in einem Bundesland der Evangelischen und der Katholischen Kriche angehören. Daraus geht hervor, dass von den 4,2 Millionen Sachsen im Jahr 2008 über 75% keiner dieser beiden Konfessionen angehörten. Nun verteilt der Landkreis also Gelder für Vollzeitstellen zur Jugendbildung und – sozialarbeit ausgerechnet an Repräsentanten der (Staats-)Kirchen? Es stehen für den gesamten Raum nur vier Stellen zur Verfügung und wir verbraten das Geld, an die beiden (Staats-)Kirchen? Unterstützt der Landkreis also somit gezielt religiöse Tendenzen?
Abgesehen von diesem Einwurf, sind wir uns glaube ich alle einig, dass dies deutlich zu wenig Betreuer für Jugendliche sind. Sieht auch die Stadt Hoyerswerda so und hat zwei zusätzliche Stellen aus dem städtischen Haushalt beigesteuert. Die werden gehalten von der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) und der PSW. Und dennoch sind trotz der zusätzlichen Stellen im Endeffekt drei Betreuerstellen weggefallen. Und das in einer Stadt, in der immer wieder beklagt wird, dass die Arbeit mit Jugendlichen vernachlässigt wird. Wo sich eine konstant hohe Jugendgewalt etabliert hat. Aber auch in einer Stadt, die gebrandmarkt ist mit dem Siegel „Nazi-Stadt“. Diesbezüglich ist es richtig, dass eine Stelle bei der RAA geschaffen wurde, deren Hauptaugenmerk ja auf der „Arbeit für Toleranz, gegen Rechtsextremismus und Gewalt“ liegt.
Stadt- und Kreisrat Ralph Büchner von der Linkspartei hat durchaus Recht, wenn er der Presse in die Notizbücher diktiert:
Die Rattenfänger holen die Kinder von der Straße und versorgen sie mit ihrem Gedankengut.
Selbstverständlich hat er sein Augenmerk ausschließlich in die rechte Ecke gerichtet. Auch in die linke Ecke sollte er gehen. Aber das ist letztlich egal. Wichtig ist, dass der Staat, das Land, die Kommune den Kindern und Jugendlichen in Form von festen und verlässlichen Ansprechpartnern das Gefühl vermittelt: „Wir sind für Euch da!“ Das ist Kernaufgabe des Staates. Vor dem Hintergrund der weiterhin sinkenden Zuschüsse, kann das ein ganz brisantes Thema werden…
Sollten jetzt also Rattenfänger – aus welcher Richtung auch immer – zum Zuge kommen, wissen wir ja, bei wem wir uns bedanken dürfen für die falsche Priorisierung der Finanzzuweisungen.