Gerangel um den Zoo

Gerangel um den Zoo
Gerangel um den Zoo

Er ist eines der beliebtesten und weit über die Stadtgrenzen hinaus bekanntesten Ausflugsziele in unserer Stadt. Und dennoch ziehen bedrohlich wirkende dunkle Gewitterwolken auf. Der Grund ist selbstverständlich zu allererst die schwierige finanzielle Lage der Stadt Hoyerswerda. Die Verschuldung unserer Stadt hat schon vor Jahren einen Stand erreicht, der nach Ansicht des Regierungspräsidiums Dresden Anlass zur Sorge gibt, dass er nie mehr realistisch abgebaut werden kann. Das macht die Arbeit der Stadt und des Stadtrats ungemein schwer, denn neben dem jährlich zu erstellenden Haushalt samt regelmäßiger Haushaltssperren muss so noch stets ein Haushaltskonsolidierungskonzept (HSK) erarbeitet und beachtet werden. Und eben zu diesem HSK wurden vom beauftragten Gutachter insgesamt 108 sogenannte Einzelkonsolidierungsvorschläge eingebracht. (Gutes Futter für die örtliche Presse, die so in einer Serie täglich einen Vorschlag präsentieren kann) Eines davon betrifft den Zoo.

So war inhaltsgleich in Sächsischer Zeitung und Lausitzer Rundschau zu lesen:

Jährlich 1,2 Millionen Euro Verlust muss die Stadt Hoyerswerda im Zoo ausgleichen. Gutachter Gerald Svarovsky sagt, um ihn zu erhalten, sei „eine grundlegend andere Form der Betreibung“ angeraten.

Er schlägt vor, den Zoo dem Eigenbetrieb Kultur und Bildung anzugliedern.

Dessen Chefin Carmen Lötsch hat bereits jetzt, nach der Kündigung von Direktorin Monika Häfner, die kommissarische Zoo-Leitung übertragen bekommen. Es gibt aber auch die Idee der CDU-FDP-Fraktion, den Zoo in eine Stiftung zu überführen. Svarovsky sagt, der Zoo solle sich aber auch von in der Haltung teuren Arten trennen, seine Gärtnerei schließen und die Eintrittspreise erhöhen. Anders als jetzt sollen etwa auch Mitglieder des Zoovereins Eintritt zahlen. Svarovsky weist zudem darauf hin, dass der Verein bisher ungenutzte Spenden in Höhe von 700 000 Euro gesammelt hat.

Da macht es durchaus Sinn, zunächst einmal einen kurzen Blick in den tatsächlichen Haushaltsplan zu werfen. Im Haushaltsplanentwurf der Stadt Hoyerswerda für das Jahr 2009. Geplant sind Einnahmen in Gesamthöhe von EUR 745.332 bei Ausgaben von EUR 2.010.768. So ergibt sich rein kalkulatorisch eine Differenz von EUR 1.265.436, die der Stadthaushalt ausgleichen muss. Das ist verständlicherweise unbefriedigend.

Doch was bekommen wir für das Geld? Eine Kultureinrichtung, die 365 Tage im Jahr geöffnet ist und durchschnittlich 150.000 Besucher im Jahr hat. Eine Erholungsquelle, ein Ort der Bildung, Tierzucht- und Artenschutz. Das ist schon recht viel.

Aber wie soll denn nun allein die Umwandlung des Städtischen Zoos zum Beispiel in eine Stiftung – wie es CDU und FDP vorschlagen – das Problem lösen? Eine Stiftung braucht ja zunächst einmal Stiftungskapital. Soll also das Defizit in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro jährlich durch eine gemeinnützige Stiftung erbracht werden und gehen wir von einer Kapitalverzinsung von 5% aus, dann brächte eine solche Stiftung (ohne die eigenen Kosten zu berechnen) mindestens 24 Millionen Euro Kapital, das durch seine jährliche Verzinsung die benötigten Erträge bringen soll. Doch in Zukunft ist auch damit zu rechnen, dass die Zuwendungen durch die regionalen Zweckverbände (wie zum Beispiel den Kulturraum), die derzeit noch EUR 469.562 ausmachen, sinken werden – bei der Kultur spart es sich am Einfachsten, da jammert niemand.  Also wenn man eine Stiftung gründen will, braucht man entsprechendes Kapital, das fällt nicht einfach so vom Himmel oder gibt es noch weitere Liechtensteiner Rücklagen, auf die man Zugriff hat?

Der Gutachter hat natürlich eine naheliegende andere Lösung gefunden. Man könne doch einfach den Zoo in den Eigenbetrieb Kultur und Bildung auslagern. Der Clou an der Sache ist, dass ein solcher Eigenbetrieb weiterhin unter Regie der Stadt läuft, die Stadt auch weiterhin die Mittel in Form von Zuschüssen gewährt. Praktisch würde die Stadt also weiterhin die Deckungslücke schließen müssen, es sieht im Haushalt nur anders aus. Es würde auch Sinn machen, da ja bereits die Volkshochschule, die Stadtbibliothek, die Musikschule und das Stadtmuseum diesem angehören. Aber löst das irgendein Problem? Nein!

Doch halt, wir hätten da noch eine Idee! Da gibt es doch noch den rührigen Verein der Zoofreunde Hoyerswerda. Die Ziele definiert der Verein in seiner Satzung wie folgt:

„Der Verein stellt sich die Aufgabe, den Zoo Hoyerswerda als Bildungs- und Erholungsstätte noch reicher und attraktiver zu gestalten. Dabei verbreitet er das Interesse an Tier und Naturkunde sowie an Umwelt- und Artenschutz in allen Kreisen der Bevölkerung, besonders der Jugend. Die Mitglieder des Vereins unterstützen den Zoo bei seiner Bildungsarbeit, bei Natur- und Artenschutzvorhaben. Sie helfen, den Zoo als Stätte der Erholung und Begegnung zwischen Mensch und Tier zu profilieren. Der Verein führt Votragsabende und Exkursionen durch. Er unterstützt wirtschaftlich und finanziell den Zoo.
Der Verein sammelt Geldspenden, übernimmt Vermächtnisse, Förderungsbeiträge zur Finanzierung von Tierankäufen, Bauvorhaben, Instandsetzungs- und Reparaturaufgaben u.a. Er unterstützt Feste und Veranstaltungen des Zoos.“

Zur Erfüllung dieser Ziele sammelt der Zooverein Spenden (und die Mitgliedsbeiträge) ein. Der aktuelle Spendenstand ist zirka EUR 700.000. Wenn man da nur ran käme? Am Besten man fordert öffentlich den Verein auf, den ganzen Batzen mit einem Mal freizugeben. Abgesehen davon, dass der Verein dazu keine Verpflichtung hätte und die Spenden ja zweckgebunden gesammelt wurden, wem ist damit geholfen? Niemandem! Denn das Geld ist nach einem halben Jahr schon alle.

Aber was kann man wirklich machen? Die Einnahmen erhöhen und die Ausgaben senken lautet die einfache Antwort. Da wären auf der Einnahmenseite:
Eintrittspreise:
Derzeit ist der Zoo mit Preisen von EUR 3,50 für Vollzahler, EUR 2,50 für Ermäßigte und EUR 1,75 für Kinder schlicht und ergreifend günstig. Positiv daran ist, dass so auch sozial Schwache, wie Arbeitslose, ALGII-Empfänger (HARTZ IV), Azubis oder Rentner am kulturellen Leben teilhaben können. Doch die hhohen Kosten müssen gedeckt werden. Da müssen eben auch die Besucher ihren Teil dazu beitragen. Denkbar und realistisch wären (wenn man die Preise mit anderen Zoos vergleicht) EUR 5,00 für Vollzahler, EUR 3,00 für Ermäßigte und EUR 2,00 für Kinder. Macht also im Durchschnitt weniger als 1 Euro mehr, erhält die sozial günstige Kostenstruktur und würde bei zirka 100.000 zahlenden Zoobesuchern somit zusätzliche EUR 100.000 erwirtschaften.
Warum denn nur 100.000 zahlende Besucher? Zum Einen würden die höheren Preise eben doch die Besucherzahlen ein wenig drücken. Zum anderen stellen allein die Vereinsmitglieder der Zoofreunde nach eigenen Angaben knapp  30.000 Besucher jährlich und sie haben freien Eintritt. Das muss zweifelsohne abgeschafft werden. Hier wäre denkbar, dass diese Unterstützer des Zoos zum ermäßigten Eintrittspreis in den Zoo dürfen. Da es sich um Gern-Besucher handelt, die sicher öfter als zehnmal pro Jahr den Zoo besuchen, würden die sich also eine ermäßigte Jahreskarte kaufen (derzeit für EUR 20,50), die dann zum Beispiel 23,50 kosten könnte. Würde bei zirka 50 Mitgliedern, die dieses Angebot wahrnehmen etwas mehr als EUR 1.000 erlösen plus Tageseintrittskarten für vielleicht noch 5.000 Besuche zum Ermäßigungstarif von EUR 3,00 macht insgesamt ein Plus von EUR 15.000.
Gesamtpotential EUR 116.000

Marketing & Sponsoren:
Hier liegt wohl das größte Potential brach. Es muss deutlich mehr Werbung für den Zoo gemacht werden. Und das keinesfalls in Form toter Werbetafeln, die sich am Straßenrand die Beine in den nicht vorhandenen Bauch stehen, sondern lebende Werbung. Da bietet sich zum Einen eine Kooperation mit dem Lausitz-Center an. Der neue, alte Lausitz-Center Boss Dieter Henke ist für sein großes Herz für Hoyerswerda und sein Interesse an einer positiven Entwicklung der Stadt bekannt. Hier wäre eine Zoowoche im Center als erster Schritt denkbar. Mit Tieren, die ausgestellt werden, großen Spendenboxen und viel Infomaterial zum Zoo. So kann das Interesse am Zoo geweckt werden.
Wichtiger ist aber die Verzahnung des Zoos mit der Wirtschaft. Hier muss eine Denke Einzug halten, wie sie in vielen anderen Städten funktioniert. In München zum Beispiel sind viele Gewerbetreibende Stolz, Fördermitglieder des Zoos zu sein. Dafür bekommen sie für einen dreistelligen Jahresmitgliedsbeitrag neben dem obligatorischen Zooheftchen auch noch einen schicken Aufkleber für das Schaufenster und Viele zeigen stolz, dass sie dabei sind. Kurzum, es muss ein umfassendes Marketingkonzept her.
Und auch Sponsoren sind wichtig. Üblich ist, dass sich kommunale Sponsoren engagieren. So könnten die kommunalen Versorgungsbetriebe die Kosten für Wärme, Elektroenergie, Gas, Wasser, Abwasser in Höhe von jährlich EUR 192.000 übernehmen und bekämen als Gegenleistung den Status, Partner des Zoos Hoyerswerda, nebst großen Werbeschildern schon im Eingangsbereich und der kompletten Rückseite der Eintrittskarten. Die Müllbeseitigungskosten in Höhe von zirka EUR 15.000 könnte die in Hoyerswerda ansässige Veolia übernehmen. 
Gesamtpotential: über EUR 200.000 jährlich

Milchmädchenrechnung:
Ohne Einschränkung der Funktionsfähigkeit des Zoos würden so zirka EUR 320.000 eingespart werden. Kein Pappenstiel! Kein Zootier müsste abgegeben werden, die Attraktivität würde sogar steigen! 

Doch dieses Geld sollte nicht einfach „gespart“ werden, sondern muss in dringend fällige Modernisierungsarbeiten investiert werden. So müssten die Gebäude komplett energetisch saniert werden, dies würde auf die Dauer die Betreibskosten senken. Dachflächen könnten für Hybrid-Sonnenkollektoren genutzt werden, die sowohl Wasser erhitzen als auch Strom produzieren. So würde sich neben Einsparungen auch eine weitere Einnahmequelle auftun. Aber auch die Tiere wären dankbar, wenn Gehege auf eiem modernen Stand gebracht werden. Und sicher müsste eventuell dann doch die eine oder andere Tierart den Zoo verlassen, wenn sich herausstellen sollte, dass es wirtschaftlich nicht machbar ist, diese artgerecht zu halten. Neue Tierarten könnten einziehen und für frischen Wind sorgen und hierbei würde dann der Verein der Zoofreunde sicherlich gern mit den gesammelten Spendengeldern helfend bereit stehen.

3 Pings

  1. […] Es ist eigentlich jedesmal die gleiche Geschichte: Die Stadt hat kein Geld und darf auch nicht mehr Geld für freiwillige Aufgaben ausgeben. Darunter leiden dann wichtige Einrichtungen wie zum Beispiel der Zoo Hoyerswerda. Immer wieder stößt man in unserer städtischen Erholungsoase auf Probleme… […]

  2. […] hatte das Thema Haushaltskonsolidierungskonzept bereits vor einigen Wochen im Zusammenhang mit der Hoyerswerdaer Zoo angeschnitten. Da ging also ein Gutachter in monatelanger Arbeit über den Haushaltsplan der Stadt […]

  3. […] rangieren Themen wie Gewerbe- und Grundsteuer weit oben. Hier hatte sich die Stadt dem Spardiktat der Landesregierung zu beugen, um das finanzstrukturelle Defizit nicht weiter ansteigen zu lassen. Die Höhe der […]

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